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Gefährdungshaftung – eine Haftpflichtversicherung schützt

Anders als bei der Verschuldenshaftung kommt es bei der Gefährdungshaftung nicht auf die Schuldfrage an. Sie greift, wenn Menschen Dinge tun, von denen man weiß, dass die Ausführung an sich mit einem Gefahrenpotenzial für andere einhergehen. Dazu gehören z. B. die Tierhaltung oder das Führen von Kraftfahrzeugen. Zur Übernahme finanzieller Ansprüche im Schadensfall ist der Abschluss von Haftpflichtversicherungen wichtig.
Besonderheiten
  • für Tätigkeiten mit Gefahrenpotenzial
  • bei sozial erwünschten Handlungen
  • Gegensatz zur Verschuldenshaftung
Das Wichtigste zusammengefasst
  • Die Gefährdungshaftung gilt bei Tätigkeiten, von deren Ausführung per se ein Gefährdungspotenzial für andere ausgeht. Diese sind aufgrund ihrer sozialen Erwünschtheit allerdings dennoch gestattet.
  • Es besteht ein Gegensatz zur sogenannten Verschuldenshaftung, da die Frage der Schuld bei der Gefährdungshaftung nicht relevant ist.
  • Die Gefährdungshaftung ist in zahlreichen Gesetzen verankert und nahezu abschließend geregelt. Um im Falle eines Schadens nicht in finanzielle Not zu geraten, ist der Abschluss einer Haftpflichtversicherung wichtig.

Was bedeutet Gefährdungshaftung?

Einige Verhaltensweisen sind erlaubt, obwohl von ihnen ein bestimmtes Gefahrenpotenzial ausgeht. Menschen, die z. B. am Straßenverkehr teilnehmen, ein Haustier halten oder Produkte herstellt, handelt regelkonform – auch wenn bekannt ist, dass die Handlungen gefährlich für andere sein können. Entscheidend ist dabei, dass sich ein Nutzen für andere ergibt und die Handlungen damit sozial erwünscht sind.

Bei der Gefährdungshaftung kommt es dabei nicht darauf an, dass ein eigenes Verschulden nach §§823 -826, 830 und 839 BGB oder ein fremdes Verschulden nach §278 BGB vorliegt. Bei einem vermuteten Verschulden nach §§280, 831-833, 836-838 BGB muss ein Anspruchsgegner hingegen seine Nichtschuld beweisen, d. h. ein oder mehrere Schädiger kann oder können auch dann schadensersatzpflichtig sein, wenn weder ein Vorsatz noch eine Fahrlässigkeit vorliegen.

Gefährdungshaftung und Verschuldenshaftung – wo ist der Unterschied?

Bei der Verschuldenshaftung stellt sich die Frage der Schuld und damit einer Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz, der in gesetzlichen Regelungen zur Haftpflicht festgelegt ist. Voraussetzung dafür ist ein schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten.

Rechtliche Grundlagen

Die Gefährdungshaftung ist in Gesetzen wie dem BGB, StVG, HaftPflG, AtomG, DSG-VO oder WHG weitgehend abschließend geregelt.

  • Gefährdungshaftung des Kraftfahrzeughalters (§ 7 StVG; Kraftfahrzeughaftung)
  • Gefährdungshaftung des Tierhalters (§ 833 Satz 1 BGB).
  • Gefährdungshaftung von Eisenbahnunternehmern sowie eines Inhabers von Elektrizitäts- und Gasanlagen (Haftpflichtgesetz; Gasanlagen, gefährliche Betriebe).
  • Gefährdungshaftung eines Flugzeughalters (§§ 33 ff. LuftVG).
  • Gefährdungshaftung des Inhabers einer Anlage zur Erzeugung oder Spaltung von Kernbrennstoffen und des sonstigen Bearbeiters oder Verwenders von Kernbrennstoffen (§§ 25 ff. AtG).
  • Gefährdungshaftung des pharmazeutischen Unternehmers bei Arzneimittelschäden (§§ 84 ff. AMG).
  • Gefährdungshaftung des Herstellers eines fehlerhaften Produkts nach §§ 1, 10 ProdHaftG.
  • Gefährdungshaftung nach dem Wasserhaushaltsgesetz (§ 22 WHG).
  • Gefährdungshaftung nach dem Umwelthaftungsgesetz (§§ 1, 2, 15 UmweltHG).
  • Gefährdungshaftung nach dem Gentechnikgesetz (§ 33 GenTG).
  • Gefährdungshaftung nach dem Bundesberggesetz (§§ 114 ff. BBergG).
  • Gefährdungshaftung nach dem Bundesdatenschutzgesetz bzw. DSGVO.

Daneben können Ansprüche aus einer sogenannten öffentlich-rechtlichen Gefährdungshaftung entstehen, wenn ausschließlich durch Technik gesteuerte Prozesse zu Schäden führen. Das Ziel durch die konkreten Regelungen ist, den Schädiger für ein Verhalten, bei dem keine Schuld vorliegt, nicht übermäßig zu belasten.

Hunde und andere Haustiere – Tierhalter nach §833 BGB

Von besonderer Bedeutung für die Gefährdungshaftung nach dem BGB ist §833. Die sogenannte Tierhalterhaftung besagt, dass der Halter für alle Schäden haftbar gemacht werden kann, die durch ein Tier verursacht wurden – auch dann, wenn den Halter selbst keine Schuld trifft. Bei Haustieren (nicht aber bei Nutztieren) gilt hier die verschuldensunabhängige Haftung als Gefährdungshaftung.

Gefährdungshaftung bei Kfz gem. §7 StVG

Ein Halter eines Fahrzeugs muss auch dann für Schäden aufkommen, wenn eventuell gar keine Schuld besteht. Das bezeichnet man als verschuldensunabhängige Haftung, die sich aus der abstrakten Gefahr der Teilnahme am Straßenverkehr ergibt.

Gefährdungshaftung in der StVG

Aus dem Straßenverkehrsgesetz ergibt sich aus §7 StVG eine Haftung des Fahrzeughalters für Tod, Körper-, Gesundheits- oder Sachschäden, die sich aus dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 1 Abs. 2 StVG ergeben. Damit haftet ein Fahrzeughalter für sämtliche Personen- und Sachschäden, ausgenommen höherer Gewalt (§3 Abs. 2 StVG), während die Haftung bei ruhenden Autos bestehen bleibt. In §7 StVG heißt es:

„Wird bei dem Betrieb eines Kfz ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter des Fahrzeuges verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.”

Beispiele im Straßenverkehr

  • Fällt von einem vorausfahrenden Lkw ein Stein von der Ladefläche und beschädigt die Windschutzscheibe eines nachfolgenden Fahrzeugs, liegt eine Gefährdungshaftung vor, wenn die Ladung nicht ausreichend gesichert wurde.
  • Parkt jemand in zweiter Reihe am Straßenrand, um etwa einen Termin wahrzunehmen und wird deshalb ein Mensch angefahren und verletzt, der aufgrund der Sichtbehinderung von einem herannahenden Fahrzeugen übersehen wurde, liegt eine Gefährdungshaftung des Halters des geparkten Fahrzeugs vor.

Halter oder Fahrzeugführer – wer haftet?

Grundsätzlich haftet der Fahrzeughalter eines Kfz. Damit sind auch FahrerInnen versichert, die das Fahrzeug nutzen, sofern dies mit der Versicherung vereinbart wurde. Die Gefährdungshaftung greift allerdings nicht, wenn das Auto ohne Kenntnis des Halters entwendet wurde.

Gefährdungshaftung im Straßenverkehr allgemein

Beim Führen eines Kfz besteht eine Betriebsgefahr, nicht aber beim Radfahren. So sind Fahrzeughalter im Rahmen der Kfz-Versicherung abgesichert. Stoßen allerdings zwei Radfahrende zusammen, haftet die Person, der eine Schuld nachgewiesen werden kann.

Stößt ein Kfz mit einem Radfahrer zusammen und lässt sich der Unfallhergang nicht zweifelsfrei nachweisen, haftet der Fahrzeughalter, nicht hingegen die Kfz-Versicherung. Dieser häufig auftretende Fall ist ein typisches Beispiel für die Gefährdungshaftung. Diese lässt sich dann abwenden, wenn der Unfall z. B. aufgrund einer Schrecksituation unvermeidlich war. Auch Fußgänger sind praktisch immer – auch bei höherer Gewalt – durch die Gefährdungshaftung abgesichert.

Immer häufiger im Straßenverkehr anzutreffen sind E-Scooter. Hierbei handelt es sich gem. §1 Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) um ein Kraftfahrzeug. Entsprechend müsste das Unternehmen, das die Scooter bereitstellt, oder aber der Fahrer selbst haften – gäbe es hier keine Ausnahmeregelung. Diese bezieht sich gem. §8 Nr. 1 StVG auf Fahrzeuge mit einer maximalen Geschwindigkeit von 20 km/h. Ein E-Scooter-Fahrer kann damit nur nach §823 BGB haftbar gemacht werden, d. h. es muss mindestens eine Teilschuld vorliegen.

Grundsätzlich ist die Definition der höheren Gewalt sorgfältig zu prüfen. Blitzeis zählt nach der Rechtsprechung z. B. nicht zur höheren Gewalt, sogar Vulkanausbrüche sind vorhersehbar.

Gefährdungshaftung und Haftpflichtversicherung

Um finanzielle Nachteile aus derartigen Schäden abzusichern, bietet sich der Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung oder einer Tierhalterhaftpflicht an. Diese ist für alle Fahrzeughalter verpflichtend und deckt auch Vermögensschäden und Schmerzensgeld ab. Da auch die Versicherer potenzielle Schäden kalkulieren müssen, begrenzt sich hier die maximale Haftung gemäß §12 StVG auf 5 Mio. Euro bei Personenschäden und 1 Mio. Euro bei Sachschäden. Bei Schäden, die durch autonome Fahrzeuge entstehen, erhöht sich die Maximalgrenze auf das doppelte.

Die maximale Haftungssumme kann allerdings vertraglich durch die Versicherung auf eine andere Summe begrenzt werden. Hier empfiehlt sich gegebenenfalls ein Versicherungsvergleich.

Weiterführendes

Hier erfährst du mehr über die Unterschiede der verschuldens- und Gefährdungshaftung in der Betriebshaftpflicht:

Dieses Video erklärt die Haftung nach dem StVG noch einmal im Detail:

Über die Gefährdungshaftung im Speditionsrecht kannst du dich hier detailliert informieren:

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